KI: Der Hype um die Algorithmen
Tea, Toast & Trivia: Clanmother Rebecca Budd aus Vancouver sprach mit Eglund über künstliche Intelligenz. Ist sie eine Gefahr für unsere Kreativität? Führt sie in eine düstere Zukunft? Wie jede Technologie hat KI zwei Gesichter. Und wird kontrovers debattiert.
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein heißes Thema. Warum eigentlich? KI gibt es schon seit Jahrzehnten. Freilich: Jüngste Fortschritte ermöglichen eine rasante Entwicklung dieser Technologie.
Ob wir es wollen, oder nicht: KI wird eine wachsende Rolle spielen. Meistens unbemerkt, denn die Algorithmen werden in Software und Prozesse integriert und zum selbstverständlichen Werkzeug ihrer Nutzerinnen und Nutzer.
Ein nützlicher Aufreger
KI wurde zum Aufreger, weil die großen Tech-Konzerne wie Meta, Google oder Microsoft einen Aufreger brauchten. Ihre Geschäftsmodelle sind unter Druck geraten, ebenso ihre Kurze an den Börsen.
Der Wettbewerbsdruck unter ihnen steigt, weil es im Internet nur einen Platzhirsch geben kann. Da kam ein neues, ein heißes Thema gerade recht – eine Aufgabe des Marketings. Gemessen am Echo in Wirtschaft, Medien und Politik wurde sie glänzend gelöst.
Dabei ist die Technologie fast hundert Jahre alt. Konrad Zuses erster elektromechanischer Computer nutzte mathematische Algorithmen, um die Maschine rechnen zu lassen. Alan Turings Modell eines selbstlernenden Systems sagte seinerzeit voraus, dass solche Systeme immer klüger und selbstständiger agieren.
Eine Frage der Rechenleistung
Alles nur eine Frage der Komplexität und der Rechenleistung. Ausreichend Zeit und Ressourcen vorausgesetzt, kann und wird die Turing Maschine immer mehr menschliche Kreativität übernehmen. Konrad Zuse war der Erste, der dieses theoretische Modell in nutzbare Technik umsetzte.
Heute sind die Computer so weit, dass jeder Laptop die Großrechner der 1950er und 1960er Jahre in ihrer Integration und Rechengeschwindigkeit um ein Vielfaches übertrifft. Aus diesem Grunde leisten die Algorithmen mehr, und es scheint, als entwickle die Maschine ein Eigenleben. Diese Vorstellung ist befremdlich: Golem und Frankenstein aus der Flasche – und sie erzeugt Furcht.
Janusköpfige Technologie
Wie jede andere Technologie hat auch KI zwei Gesichter. Einfache Prozesse durch die Maschine erledigen zu lassen, entlastet Menschen von öder Routine und kann die Produktivität bestimmter Vorgänge erhöhen.
Andererseits werden dadurch Ressourcen für kreative Aufgaben frei. Seit Beginn der Technisierung war diese Entlastung das oberste Ziel von Innovationen. Neue Technologien zu erfinden und einzuführen, kostet Geld. Diese Investition war und ist nur vertretbar, wenn die Produktivität steigt – also der Kapitaleinsatz früher oder später wieder eingespielt wird.
Uralte Ängste kochen hoch
Die unklaren Aussichten von KI sind es, die uralte Ängste neu hochkochen lassen. Software, die Texte selbst schreibt oder selbstlernende Programme entwickelt, stellt überkommene Prozesse in der Arbeitswelt auf Abruf, macht sie überflüssig. Ersetzbare Jobs werden verschwinden. Dafür werden andere Jobs entstehen, oder Kräfte frei für Jobs, die dringend Leute brauchen. Menschen, keine KI.
Zugleich steigt die Produktivität, also der ökonomische Gewinn durch den Einsatz von KI. Also steigt der wirtschaftliche Reichtum einer Gesellschaft, der freilich ungleich verteilt ist. Soll heißen: Die eigentliche Aufgabe der Zukunftssicherung ist eine soziale. Denn die Ängste sind Ängste vor sozialem Abstieg.
Der soziale Ausgleich tritt auf der Stelle
Wenn es darum geht, Arbeitsprozesse zu effektivieren, ist der Kapitalismus ungeheuer kreativ. Wenn es darum geht, sozialen Ausgleich und Gerechtigkeit zu finden, tritt er auf der Stelle. So zwingen neue Trends wie selbstlernende KI dazu, das soziale Gefüge der Gesellschaft zu modernisieren.
Die Bedeutung von Berufen, die durch KI keinesfalls ersetzt werden können, wird steigen. Dazu gehören das Gesundheitswesen, Bildung oder Pflege. Sie bedürfen der Aufwertung, um ihre Attraktivität zu erhöhen. Sonst macht die Effektivierung von Routineprozessen an anderer Stelle – oder auch in diesen Branchen – keinen Sinn.
Den Stecker ziehen
Letztlich ist KI eine Maschine. Und wie jede Maschine zeichnet sie sich durch diese Funktion aus: Sie verfügt über einen Stecker, den man jederzeit ziehen kann. Es liegt an den Nutzerinnen und Nutzern – an den Menschen selbst – ihren Einsatz sinnvoll zu kontrollieren.
Das ist eine Aufgabe für Jederfrau und Jedermann, gleichfalls keineswegs neu. Man kann das Handy gelegentlich nutzen oder süchtig danach werden. Das ist eine freie Entscheidung.
Nützlich, Spielzeug oder Droge
Man kann Computer als Arbeitsgeräte ein- und ausschalten oder nächtelang daran kleben. Das galt schon fürs Fernsehen, die frühere Glotze. Das gilt für Autos, Computer Games und so weiter – alles technische Systeme, die nützlich sein können, Spielzeug oder Droge.
Im Grunde hat sich nichts geändert, nicht durch KI. Die wichtigste Entscheidung bleibt diese: Zieh den Stecker, wenn die Technik zu viel Macht gewinnt. Macht über die Lebenszeit, die Dir vorbehalten ist.
Lust auf mehr? Dann hören Sie rein (in englischer Sprache):
Podcast: H.S. Eglund on the emergence of AI (25:50 Min.)
Website von Tea, Toast & Trivia
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