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H. S. Eglund

Schriftsteller • Writer • Publizist

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© H.S. Eglund
  • Capas Markenzeichen war seine Kamera. © H.S. Eglund
  • Die kleine Ausstellung liegt etwas versteckt im Erdgeschoss des Hauses. © H.S. Eglund
  • Regelmäßig finden Vorträge statt. © H.S. Eglund
  • Die Ausstellung wirkt unprätentiös. Dennoch ist sie sehr faktenreich. © H.S. Eglund
  • Titelbild des Life Magazine vom 14. Mai 1945 (Sammlung des Autors). © H.S. Eglund/Life Magazine
  • Fotos vom Tod des Raymond J. Bowman im Life Magazine (Sammlung des Autors). © Life Magazine/Magnum
  • Dieses Foto wurde zur Ikone des Kriegsendes. © Magnum
  • Die heutige Bowmanstraße am Capa-Haus. © H.S. Eglund
  • War is over: Ausstellung im Capa-Haus zum Kriegsende in Leipzig vor achtzig Jahren. © H.S. Eglund
Sonntag, 24. August 2025

Robert Capa in Leipzig: The Last Man to Die

Vor achtzig Jahren rollten amerikanische Panzer in die Stadt an der Pleiße. Das Capa-Haus dokumentiert berühmte Fotos, Ikonen für das Ende des Krieges. War is over – die kleine Ausstellung ist allemal einen Besuch wert.

Bis zur Wende 1989 wurden historische Tatsache in der Geschichtsschreibung der DDR nicht selten zurechtgebogen. Dass Leipzig, Jena und Erfurt von amerikanischen Truppen befreit wurden, erwähnte man nur ungern. Es hätte dem Nimbus des großen Brudervolks geschadet, dem Nimbus der ruhmreichen Sowjetunion und der siegreichen Roten Armee.

Tatsache ist: Im Frühjahr 1945 rückten die Amerikaner von Hessen nach Thüringen vor. Mitte April geriet Leipzig in die Reichweite amerikanischer Geschütze. Panzer und Infanterie rollten in die zerstörte Stadt, nahmen Viertel um Viertel im Häuserkampf. Kriegsfotograf Robert Capa begleitete die GIs, statt der Knarre die Kamera im Anschlag.

Bereits eine Legende

Capa war seinerzeit bereits Legende. Er hatte aus dem Spanischen Bürgerkrieg berichtet, folgte später den US-Truppen von der Normandie bis nach Sachsen und Bayern. Seine Fotos wurden in den wichtigsten Medien in Übersee gedruckt. Sie erreichten Millionenauflage – und formten das Bild vom Krieg, das die Zeiten überdauerte.

Opfer von Scharfschützen

So auch seine Fotos vom Kriegsende in Leipzig: Am 14 Mai 1945 brachte das Life Magazine seine Bilderserie The Last Man to Die, die die Befreiung der Messestadt und den Tod eines jungen Soldaten zeigt. Er wurde auf dem Balkon eines Hauses von deutschen Scharfschützen erschossen.

Unbekanntes Haus

Als Life die Fotos in der Ausgabe zum Kriegsende in Europa (Victory Europe) veröffentlicht, waren weder der Namen des toten GI noch der genaue Ort bekannt, wo er ums Leben kam. Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde es möglich, die historischen Fakten zu klären.

Nach langen Recherchen stellte sich heraus, dass der Balkon zu einem Gründerzeitgebäude am heutigen Straßenbahnhof unweit des Elsterbeckens gehörte. Zwar wurde er schon vor der Wende demontiert, doch der Grundriss der Wohnung stimmte zweifelsfrei mit dem Foto überein.

Der Tote bekommt seinen Namen

Noch schwieriger gestaltete sich die Klärung der Identität. Über viele Umwege kam 2012 der mittlerweile 93-jährige Lehman Riggs nach Leipzig. Er war seinerzeit zweiter Schütze des Maschinengewehrs, das auf dem Balkon aufgestellt war.

Riggs ist gleichfalls auf den Fotos von Capa zu sehen, und er nannte den Namen des Toten: Raymond J. Bowman, geboren im April 1921 in Rochester im US-Staat New York.

Ein Foto, das nie vergilbt

Achtzig Jahre liegt die Episode zurück. Doch sie bleibt unvergessen, weil Capas Fotos nie vergilben. Nach dem Krieg gründete er die renommierte Bildagentur Magnum, in deren Archiv die Fotoserie bis heute lagert.

Im Sommer 1945 reiste Capa unter anderem in die Ukraine, wo er beeindruckende Bilder des schwer verwüsteten Landes machte. Dann holte ihn erneut der Krieg ein: Anfang der 1950er ging er nach Indochina, wo die Franzosen gegen vietnamesische Nationalisten vorgingen. Dort trat er 1954 auf eine Mine und starb im Alter von vierzig Jahren.

Stummer Zeuge

Das Haus blieb stummer Zeuge, überstand die Jahrzehnte. Wenn auch nur knapp. Nach dem Krieg verfiel das mondäne Gebäude aus der Gründerzeit, wie viele Häuser in der einst reichen Metropole.

Leipzig war während des Krieges schweren Bombardements ausgesetzt, kaum ein Stein blieb auf dem anderen. Und die DDR hatte nicht die Mittel, den Bestand zu sanieren.

Blinde Fenster, leckes Dach

Anfang der 1990er Jahre waren die Fenster blind, das Dach leck und die Keller feucht. Die Abrissbirne drohte. Einer Bürgerinitiative gelang es gemeinsam mit der Kommune, mit Historikern und einem Immobilienentwickler, die geschichtsträchtige Ruine zu retten. 2011 wurde das Haus aufwendig instandgesetzt.

Dokumentation des Kriegsendes

Mittlerweile wurde eine Straße am Elsterbecken in Capastraße umbenannt. Unmittelbar vorm Haus liegt die Bowmanstraße. Heute ist es wieder bewohnt – und als Capa-Haus über die Stadtgrenzen bekannt. Im Erdgeschoss befindet sich eine Dauerausstellung des Stadtmuseums. Sie zeigt die Bilder des legendären Fotografen und dokumentiert das Kriegsende in Leipzig. Sie nennt Namen, Orte und Schicksale.

Einen Besuch ist das Capa-Haus allemal wert. Das Kriegsende wird nicht rückblickend erzählt oder erklärt. Die Fotos von Robert Capa, von seinem Kollegen Lee Miller sowie Exponate der US-Armee aus jenen Tagen machen Erklärungen überflüssig.

Acht Jahrzehnte zurück

Ein Schritt durch die schmale Tür, und man fällt acht Jahrzehnte in der Zeit zurück. Die Hektik des verkehrsreichen Brücke bleibt draußen, Stille umfängt den Besucher. Auf unprätentiöse Weise wird Geschichte erfahrbar, wird spürbar, welch tödliches Risiko die Soldaten auf sich nahmen, um die Nazis aus der Stadt zu jagen.

Nicht unsterblich, doch unvergessen

Raymond J. Bowman bezahlte die Befreiung Leipzigs am 18. April 1945 mit dem Leben. Er war jung, und der Krieg fast vorbei. Capa hat ihn nicht unsterblich gemacht, aber unvergessen. Viele Menschen habe sich in den vergangenen drei Jahrzehnten darum bemüht, Namen und Ort zu sichern.

So bleibt Bowman unter uns, jung wie er war, voll Hoffnung auf Kommendes. Die Tragödie des Einzelnen ist das Schicksal aller. Der Tod des jungen US-Soldaten – wie der Tod von Millionen Menschen in allen Kriegen – hat nur Sinn, wenn der Krieg wirklich endet – für alle Zeit.

Mehr Informationen zum Capa-Haus in Leipzig.

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