Tigray: Zankapfel im Norden Äthiopiens
Meldungen über einen Bürgerkrieg beherrschen die Medien. H.S. Eglund kennt das Land und speziell die Region um Aksum sehr gut. Auf einer seiner Reisen sprach er sogar mit dem damaligen äthiopischen Premier Meles Zenawi. Welche Ursachen hat der Konflikt, und wo liegt seine Lösung?
Trockenes, karges Land, das in weiten Hügeln zur Grenze nach Eritrea ansteigt: Tigray ist die nördlichste Provinz Äthiopiens. Das Terrain bietet kaum fruchtbare Böden, nur dürre Hirse lässt sich hier kultivieren. Klimatisch wird die Region durch die Bruthölle des Roten Meeres dominiert. Und der Gluthauch der Sahara weht vom Südsudan bis zur östlich gelegenen Danakilsenke, die unter dem Meeresspiegel liegt. Hier zu leben, ist richtig hart.
Die Tigray sind ein zäher, sehniger Menschenschlag. Sie sind nicht so dunkel wie die Eritreer, doch kleiner und drahtiger als die Amharen, deren Provinzen sich südlich anschließen bis nach Addis Abeba.
Von den reicheren Provinzen in der Landesmitte oder im Süden ist Tigray durch das äthiopische Hochland getrennt. Wenn Regen fällt, kann der ausgedörrte Boden das Wasser kaum aufnehmen – wie gebrannt ist seine Oberfläche. Selten, sehr selten fällt Regen. Die wenigen Wege und Straßen verwandeln sich innerhalb von Minuten in glitschige Bäche.
Der Konflikt weist weit in die Vergangenheit
Wenn man den Konflikt der Tigray mit der Zentralregierung in Addis Abeba verstehen will, muss man weit zurückreisen. Die Hauptstadt der Provinz ist Mekele, aber historisch wurde die Region von zwei anderen Orten geprägt: In der Spätantike war Aksum die Kapitale des aksumitischen Reiches, in dem Altertumsforscher das sagenhafte Goldland Punt vermuten. Punt war ein magisches Ziel, in das die Pharaonin Hatschepsut eine Expedition schickte. Sie ist in den Wandfriesen im Tal der Könige verewigt.
Und Adua markierte den Beginn des modernen Äthiopiens. Im Jahr 1896 schlug Kaiser Menelik II. mit seinen Lanzenträgern ein gut ausgerüstetes Kolonialkorps der Italiener. Dieser Sieg sicherte Äthiopiens Unabhängigkeit.
Giftgaskrieg der Italiener
Die Italiener hatten zuvor das heutige Eritrea erobert, am südwestlichen Küstenstreifen des Roten Meeres. Von dort wollten sie Italienisch-Ostafrika ausdehnen. Dieser Versuch scheiterte, erst 1936 gelang es Mussolinis Truppen, Äthiopien zu überrennen und Addis Abeba zu nehmen. Der Weg der Armee von General Badoglio war mit Zehntausenden Opfern eines erbarmungslosen Giftgaskrieges gepflastert, der ganze Landstriche entvölkerte.
Der äthiopische Kaiser Haile Selassie – ein Enkel Meneliks – musste nach London fliehen. Tigray wurde Eritrea einverleibt und Teil der italienischen Kolonialdomäne am Roten Meer. Fünf Jahre lang machten sich die Italiener breit, noch heute zeigen ihre Bauten, wie stark sie damals die Provinzen prägten.
Wie die Basken oder die Iren
Haile Selassie kehrte 1941 im Schutz der englischen Desert Rats in seinen Palast zurück. Die Briten warfen die Italiener ins Meer. Nach dem Krieg schlugen die Vereinten Nationen vor, die eritreischen Gebiete – darunter Tigray – in eine Föderation mit Äthiopien einzubringen.
Die äthiopischen Kaiser – auch der letzte unter ihnen: Haile Selassie – gehörten dem Volk der Amharen an. Dieser eher somalisch geprägte Menschentyp stellte während der jahrtausendealten Dynastie – die sich auf Salomo und Königin Saba zurückführte – die äthiopischen Eliten in der Armee, in der Verwaltung und in der Wirtschaft.
Um sich die ethnischen Verhältnisse vorzustellen, hilft ein Blick in die Geschichte Europas. Eine ähnliche Ambivalenz gibt es zwischen Spaniern und Basken oder zwischen Engländern und Iren.
Dem Kaiser und seinem Hofstaat in Addis Abeba galten die Tigray und die Eritreer als aufmüpfige, schwer zähmbare Untertanen, eine ständige Bedrohung der Verbindungsstraße von Addis nach Massawa, dem Zugang zum Roten Meer. Anders als im Südwesten und Süden des Landes, wo es viele Seen und fruchtbare Böden gibt – sogar Regenwälder –, waren Tigray und Eritrea nur Kostgänger, ständig von Dürren und Hungersnöten bedroht.
Die Arroganz der amharischen Elite
Die Arroganz, mit der Haile Selassie und seine amharischen Beamten die nördlichen Völker regierten, schlug sich in erbarmungsloser Ignoranz nieder. Seit Mitte der 1960er Jahren formierte sich eine Unabhängigkeitsbewegung, die Addis Abeba schwer zu schaffen machte.
Haile Selassie strafte die unbotmäßigen Provinzen ab, indem er Hilfslieferungen blockierte. Anfang der 1970er Jahre sendete die BBC erschreckende Bilder aus der Dürrezone. Dort verhungerten Millionen. Haile Selassie, Gründer der Organisation der Afrikanischen Einheit und einst als Hoffnungsträger des freien, unabhängigen Afrika gefeiert, stand nun als Despot im Rampenlicht.
Wie gegen die Tigray und die Eritreer im Norden herrschte die amharische Elite auch gegen die Oromo, die den Süden Äthiopiens bevölkern. Sie stehen den schwarzafrikanischen Völkern Kenias näher als den semitischen Somali und den Eritreern. Gibt es rund sieben Millionen Tigray und Eritreer, zählen die Oromo etwa 26 Millionen. Sie sind die größte Ethnie in Äthiopien. Auch sie erhoben sich immer wieder zu Revolten, die von den Truppen des Kaisers blutig niedergeschlagen wurden.
Die Zöpfe der Rastafarians
Als Ras Tafari (Prinz Tafari) hatte Haile Selassie der afrikanischen Erweckungsbewegung in den 1950er und 1960 seinen Namen und die amharischen Farben geliehen. Mehr noch: Er spendierte einen Fetzen Land, um schwarzen US-Amerikanern die Heimkehr nach Afrika schmackhaft zu machen – wo ihre Vorfahren als Sklaven gefangen worden waren.
Die ehemaligen Sklaven kamen nicht, denn die harte, heiße Erde Äthiopiens lockte niemanden aus den Slums von Chicago, New York oder Los Angeles. Dafür stieg Selassies Popularität, wurden die Zöpfe und Farben der Rastafarians zur Mode unter der gelangweilten Jugend in Europa und Nordamerika. Noch heute befindet sich der Tempel der Rastafarians in Shashamene, knapp fünf Autostunden südlich von Addis Abeba.
Als die Leibgarde putschte
Bis in die 1970er Jahre hatte Selassie beinahe jeden Kredit verspielt: im Inland und bei den Diplomaten. Während sein Hof in feudalem Glanz prasste, verhungerten die Menschen: im Osten im Ogaden, besonders aber im Norden in Tigray und in Eritrea.
1974 wurde der Kaiser durch einem Putsch der Offiziere seiner Leibwache entthront und musste abdanken. Kurz darauf starb er, am Ende seiner Kräfte.
Seine Zeit und die Zeit der despotischen Herrscher, die sich auf bibelfeste Ahnen berufen konnten, war vorüber. Die Macht übernahm eine Junta, Derg genannt, deren Führer 1977 ein roter Despot wurde: Mengistu Haile Mariam.
Mengistu sucht den Schulterschluss mit Moskau
Hatten die Briten und die Amerikaner Haile Selassie unterstützt, suchte Mengistu den Schulterschluss mit Moskau. Die Russen bauten auf einer Insel vor der Küste Eritreas eine Abhörstation, um den Schiffsverkehr im Roten Meer zu kontrollieren – die Zufahrt zum Suezkanal.
Mengistu – wie alle rote Kaiser und Zaren – regierte mit eiserner Hand, mit Terror. Auch er gehörte zur amharischen Elite, auch er stand den Eritreern und Tigray mit Argwohn, wenn nicht sogar mit Hass gegenüber. Denn die Unruhen im Norden Äthiopiens bedrohten die Verbindungen zu den lebenswichtigen Häfen am Roten Meer, wo der Nachschub aus der Sowjetunion anlandete – ebenso aus der DDR, die beispielsweise in Gondar ein Krankenhaus baute.
Eritreer und Tigray zogen in Addis ein
Seit den 1980er Jahren machten Eritreer und Tigray gemeinsame Sache. 1991 – die Waffenlieferungen aus dem Ostblock waren versiegt – gelang es ihnen, den Derg militärisch auszuschalten. Mengistu floh zu seinem Busenfreund Robert Mugabe nach Zimbabwe. Die vereinten Befreiungsfronten der Tigray und der Eritreer zogen in Addis Abeba ein.
Fortan stellten sie die neuen Eliten und die Zentralregierung. Erstmals war die Hegemonie der Amharen gebrochen, erstmals überhaupt in der Geschichte Äthiopiens.
Für die Provinz Tigray begann eine historisch einmalige Blüte, weil die Sieger zunächst ihr Stammland aufbauen wollten. Der Preis für die Unterstützung durch die nördlichen Nachbarn: Eritrea wurde in die Unabhängigkeit entlassen. Äthiopien gab seinen direkten Zugang zum Roten Meer freiwillig auf.
Die eritreische Hafenstadt Assab wurde zum Freihafen erklärt, damit die Äthiopier zollfreie Waren einführen konnten. Die Raffinerie von Assab stand den Äthiopiern gleichfalls offen. Im Gegenzug gab Addis Abeba 30 Prozent seines Erdöl an die Eritreer ab.
Alte Allianz – neue Feindschaft
Der Streit entbrannte, als Äthiopien seine eigene Ölförderung einstellte und die Versorgungsprobleme in Eritrea wuchsen. Eigentlich ist dieses kleine, ausgedörrte Land allein nicht lebensfähig. Es hängt an den Ernten im Süden Äthiopiens und an den Waren, die der große Nachbar über die Häfen am Roten Meer handelt.
So schlug die alte Allianz in neue Feindschaft um: Bis zum Jahr 2000 tobte ein erbitterter Streit um ziemlich belanglose Landzipfel im Grenzgebiet. Die äthiopische Luftwaffe bombardierte Massawa, die Hauptstadt Eritreas. Die Eritreer warfen Bomben über Mekele ab, der Hauptstadt der Region Tigray.
Die Äthiopier stoppten alle Güter gen Norden und wickelten ihren Handel fortan über Djibouti ab, zumal die französische Enklave mit Addis Abeba über eine Eisenbahn verbunden ist.
Ato Meles führte die Tigray nach Addis
Das Ende vom Lied: Die äthiopische Armee besetzte die umstrittenen Gebiete, seitdem herrscht weitgehend Ruhe. Zum Ende dieses Konflikts suchte der damalige äthiopische Premier Meles Zenawi nach Ausgleich, um die Lage im Norden unter Kontrolle zu halten.
Zenawi, ein schmächtiger Mediziner, den man aufgrund seiner Statur leicht unterschätzte, hatte die Befreiungsfront der Tigray im Kampf gegen den Derg angeführt. Seit den Wahlen 1995 bis zu seinem frühen Tod im Jahr 2012 war er Premierminister von Äthiopien. Er sprach eher zurückhaltend und leise, war ein ausgezeichneter Kenner seines Landes und seiner Probleme.
Ein persönliches Gespräch im Kaiserpalast
Im Jahr 2002 konnte der Autor persönlich mit Ato Meles sprechen. Bei einem Besuch in Addis Abeba ergab sich die Gelegenheit zum Interview, im ehemaligen Kaiserpalast von Menelik II, damals die Residenz des Premiers.
Eindringlich erläuterte Meles Zenawi die strategische Bedeutung der eritreischen Häfen. Doch daneben ging es um die touristischen Potenziale des Nordens. In Tigray und den angrenzenden Provinzen befinden sich alte Königsstädte (Gondar), ragen antike Stelen (Aksum) wie in Karnak oder Theben in den Himmel, wurden im Mittelalter skurrile Felsenkirchen aus dem vulkanischen Tuff gehauen (Lalibela). Ohne Frieden gab es keine Aussicht, die Touristen – und dringend benötigte Devisen – ins Land zu holen.
Wachsende Ströme von Touristen
Und tatsächlich: Nach Ende des Konflikts mit Eritrea kamen immer mehr Reisende in das farbenfrohe, exotische Land. Davon profitierte Addis Abeba, das beispielsweise einen modernen Flughafenterminal bekam. Davon profitierten in erster Linie die nördlichen Regionen, allen voran Aksum in Tigray.
Und: Der Frieden mit Eritrea gab Addis freie Hand gegen den zweiten Konfliktgegner, die Somalis im Osten. Sie wollten sich den Bruderkrieg zunutze machen, um weite Teile des Ogadens zu beanspruchen.
Die Somalis traten unter dem grünen Banner des Propheten an, während in Äthiopien die christliche Orthodoxie dominiert. Neben ethnische Spannungen treten religiöse Konflikte, die faktisch nicht zu entwirren sind.
Eine Million Mann unter Waffen
Die äthiopische Armee hält rund eine Million Mann unter Waffen hält und ist sehr gut mit militärischem Gerät (MiG-23 und russische Panzer) ausgestattet. Deshalb wurde der Konflikt im Ogaden befriedet wie der Grenzstreit im Norden. Doch bleibt die Situation unsicher, ist weit von einer politischen Lösung entfernt.
Äthiopien gelang unter Meles Zenawi eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung. Freilich, das hatte soziale Verwerfungen zur Folge; alte Eliten mussten ihre Privilegien an neue Machthaber abgeben.
Proteste gegen seine Regierung unterdrückte Zenawi durch Inhaftierungen, Folter und Willkür. Die mit der Machtübernahme der Tigray eingeleitete Demokratisierung wurde teilweise revidiert, viele seinerzeit verhaftete Journalisten stecken noch heute im Knast.
Jetzt sitzen die Oromo am Hebel
Mittlerweile herrschen in Addis die Oromo, verkörpert durch Premierminister Ahmed Abiy. Er wurde 2018 gewählt. Weil Wahlen in Afrika sehr oft ethnisch geprägten Strukturen folgen, setzten sich die Oromo als größte Ethnie in Äthiopien durch.
Abiy ist noch jung, Mitte 40. Unbelastet von der Vorgeschichte des Kaisers oder des Derg gelang ihm die Aussöhnung mit Eritrea, das brachte ihm den Friedensnobelpreis ein. Der Konflikt mit den Tigray, die unter Zenawi und seinem Nachfolger die Hebel in Addis bedienten, spitzte sich hingegen zu.
Denn auch Abiy geht rüde mit der Opposition um, unterdrückte Unruhen zwischen Amharen und Oromo mit eiserner Hand. Im vergangenen Jahr brach zudem der Tourismus zusammen. Aufgrund der Coronapandemie blieben die Einnahmen aus, die vor allem nach Gondar, Lalibela und Aksum in den Norden Äthiopiens flossen.
Das verschärfte die Krise, denn die Bevorzugung der Provinz Tigray durch die Elite in Addis ist vorbei. Nun finden sich die Tigray in nahezu aussichtsloser Lage, denn der Pakt zwischen Massawa und Addis Abeba nimmt sie in die Zange. Zwar versuchte die militärisch noch immer potente Tigray Liberation Front, Flugplätze in Eritrea zu beschießen. Doch die Demonstration einstiger Größe verpuffte: Die Eritreer schlugen zurück, sekundiert von der äthiopischen Armee.
Halbmond und Georgskreuz konkurrieren
Die Meldungen sind dürftig, die Lage unklar. Flüchtlinge im Sudan berichten von Gräueltaten äthiopischer Milizen und Bombardements. Erst seit kurzem dürfen Hilfsorganisationen in die unwegsame Region einfahren, um Lebensmittel und andere notwendige Güter zu liefern. Die Europäische Union hat ihre Hilfsfonds für Äthiopien eingefroren.
Wenig hilfreich für die Lösung des Konflikts ist die selbstherrliche Kommunikationspolitik Abiys. Er rühmt sich, schon als Kind von der Kaiserkrone geträumt zu haben – der erste Oromo-Kaiser zu sein. Und er rühmt sich, die fehlenden Millionen bei den Arabern zu holen.
Denn in den südlichen Provinzen – dem Stammland der Oromo – ist der Islam auf dem Vormarsch. Unverblümt konkurrieren der Halbmond und das orthodoxe Kreuz des Heiligen Georg um Seelen und Ressourcen.
Das Wasser schwindet, die Bevölkerung wächst
Das Problem ist offensichtlich: Wer in Addis regiert, begünstigt die eigenen Leute. Äthiopien ist ein sehr armes Land, dessen natürlichen Ressourcen unter enormem Stress stehen.
Die zahlreichen Seen im Süden schwinden, weil der Klimawandel die Temperaturen nach oben treibt. Die Böden fallen trocken, so wird die fruchtbare Savanne zur Trockensteppe, bald zur Wüste.
Zugleich explodiert die Bevölkerung: Rund 112 Millionen Menschen leben in einem Land, dass dreimal so groß wie Deutschland ist. Nur rund ein Viertel Äthiopiens ist überhaupt landwirtschaftlich erschlossen, meist im Süden, an den Seen im Rift Valley.
Das Wasser des Blauen Nil
Um die Nordprovinzen besser mit Wasser zu versorgen, richten sich begehrliche Blicke auf den Tanasee, die Quelle des Blauen Nil. Er schließt sich unmittelbar südlich an das äthiopische Hochland an. Bei Bahir Dar wälzt sich das Wasser über beeindruckende Katarakte, Tis Issat, wie die Äthiopier diese Fälle nennen. Danach wendet sich der Fluss gen Nordwesten, zum Sudan, wo er sich bei Khartum mit dem Weißen Nil vereint.
Mit einem Damm wollen die Äthiopier die Wasserader nutzen, um neue Felder für die Landwirtschaft zu gewinnen. Schon ist der Konflikt mit dem Sudan und Ägypten programmiert, deren Existenz am Nil hängt. Dieser Konflikt hat eine gleichfalls eine lange Vorgeschichte, die bis zu den Pharaonen zurückreicht.
Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Äthiopien beträgt rund 850 US-Dollar. Normalerweise fließen jedes Jahr Millionen Dollar und Euro Entwicklungshilfe nach Addis Abeba, um das Land wirtschaftlich auf die Beine zu bringen.
Das Bildungssystem und die Krankenhäuser sind vorbildhaft – nicht nur im afrikanischen Vergleich. Und nirgends ist die Stellung der Frauen ähnlich gleichberechtigt, wie in Äthiopien. Da braucht das Land sogar den Vergleich mit Europa nicht zu scheuen.
Ein brüchiger Frieden
Und doch: All das Geld kann den Schwund der natürlichen Ressourcen nicht aufhalten. Unter Meles Zenawi hatte eine zaghafte Demokratisierung eingesetzt, die mit enormen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Problemen kämpft.
Das scheinbar unentwirrbare Knäuel aus historischen, ethnischen, sozialen und religiösen Konflikten lässt sich nicht nach dem Schema von Schwarz und Weiß auflösen.
So bleibt nur die Hoffnung, dass der brüchige Friede hält. Dass er die nötige Atempause verschafft, damit Äthiopien – in allen Provinzen und Regionen – weitere Fortschritte erreicht. Es ist ein faszinierendes Land mit enormen Möglichkeiten und stolzen, freundlichen Menschen. Von außen lassen sich die Probleme nicht bewältigen, nicht durch Waffen, nicht durch eingefrorene Konten oder gutgemeinte Ratschläge.
Aksum in der Provinz Tigray ist Schauplatz des neuen Romans Nomaden von Laetoli von H.S. Eglund. Leseproben und Audiofiles finden Sie hier.