Energiewende – jetzt erst recht!
Die russische Aggression zeigt: Echter Frieden lässt sich nur mit erneuerbaren Energien gewinnen. Die dezentrale Versorgung mit Strom von Sonne, Wind und grünem Wasserstoff ist von höchster strategischer und sozialer Bedeutung.
Die schockierenden Bilder aus der Ukraine haben sogar Corona von den Mattscheiben verdrängt, den Dauerbrenner der vergangenen zweieinhalb Jahre. Putins Einmarsch – ausgelöst durch den Streit um marode Kohlebergwerke im Donbass – ist ein Rückfall ins Mittelalter. Ist ein Rückfall in eine Zeit, als Kohle, Gas und Uran den Takt des Kalten Krieges vorgaben.
Anderthalb Jahrzehnte vertan
Dass Deutschland in diesen Strudel gerät, ist eine Konsequenz der katastrophalen Energiepolitik aus 16 Jahren Herrschaft von CDU/CSU, mal mit der FDP, mal mit den Sozen als Koalitionspartner. Mehr als anderthalb Jahrzehnte wurden vertan, ohne die Abhängigkeit von ausländischen Energieträgern zu verringern: Weiterhin hängen Deutschland und Europa am Tropf des saudischen Öls und von russischem Gas.
Mehr noch: Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sitzt heute dem Aufsichtsrat von Gazprom vor, wollte bis zuletzt die baltische Gastrasse Nord Stream 2 durchdrücken. Eigentlich gehört sein privates Vermögen nun ebenso eingefroren wie die Konten von Putin und Lavrov.
Der Donbass ist den Russen, was uns die Lausitz ist: Dort hocken die Bergarbeiter, traditionell eine extrem konservative Berufsgruppe, mächtig stolz auf den Dreck zwischen ihren Fingernägeln und auf ihre Staublungen, die sie früh in die Rente und aufs Totenbett schicken. Die Zeche zahlen andere, keine Sorge! Der Einmarsch Russlands, um vermeintliche russische Interessen in der Ukraine zu schützen, zeigt die Hilflosigkeit Putins und des militärisch-nuklearen Komplexes, der hinter ihm steht.
Ein mordsmäßiges Verlustgeschäft
Denn die Gruben im Donbass laufen teilweise mit Ausrüstungen aus der Nachkriegszeit. Das ist ein mordsmäßiges Verlustgeschäft, eigentlich müsste man sie schließen. Aber wohin mit den zänkischen Bergarbeitern? Diese Menschen leben dort, seit Generationen. Statt ihnen echte Alternativen anzubieten, wird die Illusion genährt, der Bergbau habe eine Zukunft – wenn Kiew klein beigibt.
Erstaunlich, wie sich die Worte gleichen: Dietmar Woidke, sozialdemokratischer Ministerpräsident des Landes Brandenburg, ruft am ersten Tag nach der russischen Invasion nach einer Verlängerung des Kohleausstiegs. Auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) und Sachsens Landeschef Michael Kretschmer (CDU) stoßen mittlerweile in das gleiche Horn.
Das ist die gleiche Denke wie im Donbass, nur dass Potsdam, Düsseldorf oder Dresden keine Truppen nach Berlin schickt, um die Grünen aus der Bundesregierung zu jagen. Woidke, Pinkwart, Haseloff und Kretschmer fällt in dieser düsteren Stunde nichts besseres ein, als das Elend des Kohlezeitalters zu verlängern.
Der Irrtum der Atomkraft
Schon werden Rufe laut, die Laufzeit der letzten Atomreaktoren in Deutschland zu verlängern. Drei sind noch am Netz, Ende 2022 sollen sie abgeschaltet werden. Dieses Argument benutzt auch der französische Präsident Emmanuel Macron.
Er hatte – freilich vor der Invasion – in Aussicht gestellt, die Laufzeit der französischen Atommeiler zu verlängern und neue Reaktoren zu bauen. Zuvor hatte er sich preiswertes Geld aus Brüssel gesichert, auch deutsche – und russische – Gaskonzerne wollten von den neuen Taxonomie-Regeln profitieren.
Abgesehen davon, dass die Atomtechnik gleichfalls erhebliche Menschen an Treibhausgasen emittiert, nährt auch Macron eine Illusion: Dass die Modernisierung der Atomreaktoren das Klimaproblem löst. Er setzt seine Behauptung in die Welt, wohl wissend, dass der französische Energiekonzern EDF – Eigner ist der Elysée-Palast – pleite ist.
Die erforderlichen Milliarden wird in Frankreich niemand aufbringen können. Statt den Menschen reinen Wein einzuschenken, reitet Macron dieselbe Schimäre wie Wladimir Putin im Kreml. Im Unterschied zu Putin ist Macron darauf angewiesen, wiedergewählt zu werden. Deshalb streut er den Leuten Isotope in die Augen.
Mehr LNG, um die Abhängigkeit zu verringern?
Geschockt von den Kriegsbildern will Deutschland die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern. So weit, so gut, endlich haben das auch die Sozen kapiert. Doch was geschieht? Geplant sind nun zwei Spezialterminals für Flüssiggas (LNG), in Brunsbüttel und Wilhelmshaven. Die Verträge zur Lieferung von US-amerikanischem Flüssiggas seien bereits unterschrieben, erklärte EU-Ratspräsidentin Von der Leyen.
Die Tinte war schon trocken, bevor Putin die Grenze zur Ukraine überschritt. Also tauschen wir russisches Gas gegen Gas aus amerikanischen Schiefersanden? US-Präsident Joe Biden hat im aktuellen Konflikt mit seiner Diplomatie ebenso versagt, wie Wladimir Putin.
Mehr noch: Die Bundeswehr soll 100 Milliarden Euro bekommen, um sich fit für die Konfrontation mit Russland zu machen. Als ob Krieg die Probleme lösen könnte! Das Militär ist weltweit der größte Konsument von Öl. Logik der Nato, Logik des Kreml: Es wird mit Öl gefüttert, um Ölreserven zu schützen.
Ohne Sprit könnte kein russischer Panzer über die ukrainische Grenze walzen, kein Bomber seine tödliche Fracht nach Kiew tragen. Wer nach mehr Bundeswehr ruft, will den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.
Eine nützliche Krise
In seiner Regierungserklärung ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kaum auf die erneuerbaren Energien eingegangen. Offenbar nutzen einflussreiche Kreise die aktuelle Krise, um so weiterzumachen, wie bisher. Um ihre Pfründe abzusichern und um Deutschland weiterhin in der Abhängigkeit der fossilen Energieträger zu halten.
Die einzige vernünftige – ökonomisch, sozial und strategisch vernünftige – Alternative sind 100 Prozent erneuerbare Energien. Es ist die Elektrifizierung aller Teile der Industrie, die durchgehende Sektorkopplung und die vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien.
Es geht darum, Erdgas und Kohle und Uran generell zu verbannen. Nur eine regionale, dezentrale Versorgung mit Sonnenkraft, mit Windkraft und mit grünem Wasserstoff aus einheimischer Produktion macht Konflikte wie in der Ukraine überflüssig.
100 Milliarden für die Energiewende!
Wir brauchen nicht 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, sondern 100 Milliarden Euro für neue Windräder, für Solaranlagen und Elektrolyseure! Anders als bei der Bundeswehr geht es aber nicht um staatliche Mittel, sondern um Investitionen aus freien Märkten.
Die Technik ist vorhanden, sie ist preiswert und zuverlässig. Werden die bürokratischen Hürden abgebaut, können die Märkte den erforderlichen Zubau der erneuerbaren Energien entfachen.
Es wird kein Zurück zum Erdgas geben, erst recht nicht zur Kohle oder zum Uran. Langfristig sind freie Märkte stärker als jeder Despot, die Bremser der Energiewende werden vom Wandel in der globalen Wirtschaft hinweggeschwemmt. Angesichts der Krise im Osten Europas wird die Energiewende immer wichtiger, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes.
Endlich Nägel mit Köpfen machen!
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (B90/Grüne) hat ein ambitioniertes Osterpaket angekündigt. Nun muss er Nägel mit Köpfen machen, muss endlich liefern! Es geht nicht bloß darum, an Stellschrauben des alten EEG zu drehen.
Es geht darum, Spritfresser und Gasthermen generell aus Deutschland zu verbannen. Es geht darum, den Bürgerinnen und Bürgern jede erdenkliche Freiheit bei der Eigenversorgung mit sauberem Strom zu gewähren – als private Nutzer, als Unternehmer oder als kommunale Entscheider.
Diese Freiheit wird zur Basis unserer freiheitlichen Ordnung, wird sie in Zukunft sichern. Es geht um grüne Daseinsvorsorge für dieses Land, für diesen Kontinent. Wenn in Deutschland die Energiewende bis 2030 gelingt, dann wird sie überall gelingen. Vielleicht nicht ganz so schnell, aber nachhaltig. Sie wird auch – unter deutscher Beteiligung – in der Ukraine gelingen, ebenso in Russland, da bin ich mir sicher.
Wer dagegen weiterhin auf fossile oder nukleare Energien setzt, will das Zeitalter der Kriege, der Unterdrückung verlängern. Ohne Energiewende sind echte Freiheit, Frieden und Demokratie auf Dauer nicht möglich.
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